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Territorialitätsprinzip: Am 9.11.2017 präzisierte der BGH seine Rechtsprechung zum relevanten Inlandsbezug einer Markenbenutzung.

Der Kläger ist Inhaber der deutschen Wortmarke „Resistograph“.  Unter dieser Marke bietet er Bohrwiderstandsmessgeräte an. Auf der Gegenseite gab es drei Beklagte. Unter ihnen ein Unternehmen, welches vergleichbare Geräte anbot. Diese Gesellschaft war auch im Impressum einer Internetseite genannt. Die Website wurde von einer amerikanischen Tochterfirma betrieben. Unter der Bezeichnung „I. Resistograph“ wurden auf dieser Website Bohrwiderstandsmessgeräte zur Holzdiagnose vertrieben. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen konnte ohne weiteres festgestellt werden.

Komplexer war die Frage nach einem hinreichenden Inlandsbezug des Online-Angebots. Denn im Markenrecht gilt das Territorialitätsprinzip. Auf das deutsche Markenrecht bezogen bedeutet dies: Der Schutzbereich einer nationalen Marke ist auf das Gebiet Deutschlands beschränkt. Abgrenzungsprobleme kann es geben, wenn die potentielle Verletzungshandlung ihren Schwerpunkt im Ausland hat. Vor allem bei der Verwendung von Marken im Internet stellt sich dieses Problem häufig, da eine Website theoretisch aus jedem Land der Welt abgerufen werden kann. Würde man für die Annahme einer Markenverletzung alleine auf die Abrufbarkeit im Inland abstellen, hätte dies eine grenzenlose Ausdehnung des Markenschutzes zur Folge. Das Territorialitätsprinzip wäre durchbrochen. Um Klarheit zu schaffen, hat der BGH in einer Reihe von Entscheidungen festgelegt, dass in solchen Fällen ein hinreichender wirtschaftlicher Inlandsbezug der Markenbenutzung festgestellt werden muss. Dabei müssen einerseits die wirtschaftlichen Interessen des Markeninhabers berücksichtigt werden. Andererseits muss überprüft werden, ob die Rechtsverletzung nicht eine unvermeidbare Folge technischer Gegebenheiten ist.

Im konkreten Fall sprachen gegen einen Inlandsbezug vor allem die größtenteils englischsprachige Website und Preisangaben in Dollar. Allerdings hatte die Vorinstanz angenommen, dass viele englischsprachige Kunden in Deutschland die Website aufrufen würden. Unter anderem auf diese These stützte das Berufungsgericht die Annahme eines Inlandsbezugs. Dem erteilte der BGH eine Absage, weil solch niedrige Anforderungen das Erfordernis eines hinreichenden Inlandsbezugs ad absurdum führen würden.

Auf der Website war ferner das internationale Vertriebsnetz dargestellt. An erster Stelle war neben einer deutschen Flagge der „Hersteller/Hauptsitz“ zu sehen. Zwar erkennt der BGH an, dass vom Standort eines Herstellers aus oft Waren vertrieben werden. Allerdings könne es sich hierbei auch um einen Hinweis auf das Herkunftsland des Herstellers handeln.

Für einen hinreichend relevanten Inlandsbezug sprach allerdings nach Auffassung des BGH, dass auf der Website der Beklagten Hinweise auf Fachmessen in deutscher Sprache abrufbar waren. Diese Inhalte waren nach Ansicht des Gerichts ausschließlich an inländische Websitebesucher gerichtet. Den Ausschlag für die Annahme eines hinreichenden Inlandsbezugs gaben jedoch Metatags. Das sind  Schlagwörter im Quelltext einer Internetseite. Erst sie ermöglichen das Auffinden einer Website per Suchmaschine. Ein Metatag im Quelltext der streitgegenständlichen Website war die klägerische Marke „Resistograph“. Der BGH nahm an, „dass ein Aufruf der Internetseite der Beklagten von Deutschland aus nicht in nennenswertem Umfang zu erwarten wäre“.

Im Ergebnis bejaht der BGH einen hinreichenden Inlandsbezug und somit auch eine Markenverletzung. Allerdings ist aus der Entscheidung klar ersichtlich, dass die deutschsprachigen Hinweise auf Fachmessen und die Metatags erst kumulativ den nötigen Inlandsbezug herstellten. Außerdem wurde in der Entscheidung berücksichtigt, dass es sich bei Bohrwiderstandsmessgeräten um besondere Nischenprodukte handelt, die im Internet nur wenig präsent sind. Deswegen wurde ein Aufruf der betreffenden Website aus Deutschland als wahrscheinlich angesehen. Dennoch macht das Urteil eines deutlich: Kleinigkeiten können dazu führen, dass ein ausreichender Inlandsbezug besteht. Internethändler, die auf fremde Marken in Deutschland Rücksicht nehmen müssen, sollten daher den alten Grundsatz „weniger ist mehr“ beachten.