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Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass für Clubnächte der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt. Sie sind steuerrechtlich so zu behandeln wie Konzerte. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass für Clubnächte der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt. Sie sind steuerrechtlich so zu behandeln wie Konzerte. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass für Clubnächte der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt. Sie sind steuerrechtlich so zu behandeln wie Konzerte.

Mit seinem erst heute veröffentlichten Urteil vom 23.7.2020 (V R 17/17) stellt der BFH fest:

 

  1. Eintrittserlöse für Techno- und House-Konzerte sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG steuersatzermäßigt, wenn diese Musikaufführungen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellen und die daneben erbrachten Leistungen von so untergeordneter Bedeutung sind, dass sie den Charakter der Musikaufführung nicht beeinträchtigen.
  2. Die Darbietung von Techno- und House-Musik durch verschiedene DJs kann einer Veranstaltung auch dann das Gepräge eines Konzerts oder einer konzertähnlichen Veranstaltung geben, wenn die Musikaufführungen regelmäßig (wöchentlich) stattfinden (Fortführung des BFH-Urteils vom 18.08.2005 – V R 50/04, BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101).

(https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202010223/)

 

Damit bestätigt das Gericht die Entscheidung des Finanzgerichts, das die Clubnächte im Berghain Konzerten und – anders als das Finanzamt – nicht Partyveranstaltungen gleichgestellt hat  weswegen sich die Umsatzsteuer für die Eintrittsberechtigung reduziere auf 7% gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG https://www.haerting.de/neuigkeit/berghain-kultur-reduzierter-steuersatz-auf-eintrittsgelder).

 

Das Gericht stellt klar, dass die DJ-Musik einem Konzert gleichkomme und den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmache. Aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers scheitere die Qualifizierung als Konzert nicht daran, dass es angesichts der Einlassregelung (Auswahl durch einen Türsteher) keinem Besucher möglich sei, die Veranstaltung gezielt zu der von ihm gewünschten Darbietung aufzusuchen.

 

Der Konzertcharakter der musikalischen Darbietung werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine Interaktion zwischen DJ und Publikum erfolgt und nicht der Künstler im Vordergrund steht, sondern das „feierwütige“ Publikum.

 

Interaktionen zwischen DJ und Publikum – seien sie nun positiver (wie Klatschen/Jubeln) oder negativer Art (wie Ausbuhen/Auspfeifen) – sind auch traditionellen Konzerten nicht wesensfremd. Abgesehen davon ergibt sich aus der vom FG festgestellten tendenziellen Ausrichtung des Publikums auf den DJ sowie dem Leeren der Tanzfläche nach einem DJ-Set hinreichend deutlich, dass der DJ – wie bei Konzerten üblich – im Vordergrund der Darbietung steht.

 

Der BFH schließt sich den Ausführungen des Finanzgerichts an, welches auf den Blickwinkel des sogenannten Durchschnittsverbrauchers abstellt und zu dem Ergebnis gelangt ist, die Auftritte der DJs würden den Klubnächten das konzertante Gepräge geben.

 

Die Musik sei sehr laut und wirke auch körperlich, sodass sich die Besucher ihr nicht entziehen könnten und gleichsam gezwungen würden, ihre Bewegungen nach der Musik auszurichten. Darüber hinaus reagierten Künstler und das Publikum unmittelbar aufeinander, indem bspw. bei besonders gelungenen Momenten sowie bei Beendigung eines DJ-Sets geklatscht oder gejubelt werde. Dem Publikum gehe es insbesondere darum, die Kreativität des jeweiligen DJs mitzuerleben, es richte sich tendenziell in Richtung DJ aus. Welcher DJ wann spiele, werde bereits Wochen im Voraus auf einer Homepage angekündigt und relativ nahe vor dem Auftritt ein genauer Zeitplan zur Verfügung gestellt. Dem stünde die ständige Fluktuation der Gäste nicht entgegen; auch bei Musikfestivals sei es üblich, dass die Besucher nicht der gesamten Darbietung beiwohnten, sondern sich zwischendurch zurückziehen, um sich zu unterhalten, zu entspannen oder das Festivalgelände zu verlassen. Die Fluktuation ergebe sich daraus, dass Personen, die verschiedene DJs gut fänden, vom Hauptraum in den anderen Veranstaltungsbereich wechselten und umgekehrt. Auf das Verhältnis zwischen den Umsätzen aus Eintrittsberechtigung und Gastronomie komme es nicht an. Die erheblichen, an die Künstler gezahlten Honorare sprächen vielmehr gegen die Bewertung der Klubnächte als reine Partyveranstaltungen.

 

Schließlich stellt das Gericht auch noch fest, dass der Getränkeumsatz im Regelfall nichts darüber aussagt, ob es sich bei der Veranstaltung dem Charakter nach um ein Tanzvergnügen oder ein Konzert handelt. Auch die Regelmäßigkeit von DJ-Auftritten spreche nicht gegen die Annahme von Konzerten. Weiter sei es auch nicht schädlich, wenn die DJs nicht ausgeleuchtet werden und visuell im Hintergrund bleiben, da die Gäste die DJs von nahezu jedem Platz aus sehen und wegen der Lautstärke der abgespielten Musik in jedem Fall aber hören können. Weiter kommt es auch nicht auf die „Fluktuation“ der von den Türstehern ausgesuchten Gäste an.

Für die Clubs bedeutet dies, dass sie in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes kommen, wenn der Auftritt ihrer DJ’s den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht und die Begleitumstände (Tanzen, Feiern, Getränkeverkauf) dagegen zurücktreten.  Auch, wenn diese Voraussetzungen im Einzelfall geprüft werden müssen, dürften die meisten Clubs nun von der Anwendung des geringeren Steuersatzes profitieren können.

Liegen diese Voraussetzungen vor, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Clubbetreiber, die nach dem Urteil des BFH zu viel gezahlte Umsatzsteuer zurückverlangen können.Der allgemeine steuerrechtliche Erstattungsanspruch ist in § 37 Abs. 2 AO geregelt. Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Ein Anspruch auf Rückerstattung überzahlter Umsatzsteuer kommt also nur dann in Betracht, wenn die entsprechend fehlerhaften Steuerbescheide noch nicht in Bestandskraft erwachsen sind. Die Rückerstattung setzt nämlich voraus, dass die überzahlte Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde – dies ist nur dann der Fall, wenn der Steuerbescheid noch abgeändert oder aufgehoben werden kann. Anderenfalls besteht durch den rechtskräftigen Steuerbescheid ein sogenannter formeller Behaltensgrund. Das ist die beabsichtigte Folge der Bestandskraft, die Rechtsfrieden schaffen soll. Dahinter tritt der Anspruch auf materielle Richtigkeit zurück. Wann und wie eine Abänderung noch möglich ist, ist bestenfalls mit dem eigenen Steuerberater zu klären. Außerdem können die Rechtsmittelfristen, die Teil der dem Steuerbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung sind, einen ersten Anhaltspunkt hierfür geben.